Schalke 04 wartet seit 20 Spielen in der Bundesliga auf einen Sieg. Wir wurden via Twitter gefragt, ob ein sportlicher Absturz, wie ihn die Königsblauen derzeit erleben, nachvollziehbar ist oder gar prognostiziert werden kann. Die glasklare Antwort: Jein.
Sturzflug: Von Platz 2 fast in Liga 2
In der Saison 2017/18 feierte Schalke 04 noch die Vize-Meisterschaft. In der Spielzeit danach begannen die Knappen einen sportlichen Sinkflug, der mehr oder weniger bis heute anhält. Fokussiert man sich in der Analyse der Schalker Misere einmal gänzlich auf das sportliche Geschehen, lassen sich einige interessante Indizien identifizieren, an Hand derer sich der Niedergang festmachen lässt.
Vor dem Tor: Vom Killerinstinkt zur kollektiven Torflaute
Schalke 04 hat nach vier Spieltagen gerade einmal zwei Tore erzielt, in der gesamten Rückrunde der Saison 2019/20 gelangen den Knappen lediglich neun Tore. Statt hinten steht immer öfter vorne die Null bei Königsblau. In der Saison 2017/18 schoss Schalke 04 53 Tore, dafür benötigte das Team Insgesamt 405 Schüsse. Fast jeder achte Schuss war in dieser Spielzeit ein Treffer. Ein absoluter Top-Wert für die Bundesliga. Wie aus der unten stehenden Grafik ersichtlich wird, ließ die Treffsicherheit der Schalker in der Folgesaison nach und mündete in der Rückrunde der mehr als doppelt so hoch war wie in der Saison 2017/18. Zugleich schossen die Knappen in der abgelaufenen Spielzeit seltener auf das Tor ihrer Gegner (374x). Zwischen-Fazit: Anders als in der sportlich erfolgreichen Vize-Meisterschafts-Saison hat Schalke 04 nicht nur Probleme im Abschluss, sondern auch in der Vorbereitung von guten Abschlusssituationen.

Entscheidend ist aufm` Platz: Aber wer kickt denn da?
In der Saison 2017/18 waren die Spieler Caligiuri, Burgstaller, Naldo, Konoplyanka und Meyer die Top-Akteure, wenn es um die Beteiligungen an Toren bei Schalke 04 ging. Das galt sowohl für die Hin- als auch die Rückrunde. Lediglich Burgstaller fehlte aus dieser Riege einmal am ersten Spieltag wegen einer Verletzung. Zudem gehörte Max Meyer an den letzten beiden Spieltagen nicht mehr zum Profi-Kader. Bis dahin spielte er wie auch der Rest der Leistungsträger die Saison ohne einen Ausfall durch (Link).
Das Bild wandelte sich in der Folgesaison 2018/19. Schalke 04 schoss lediglich noch 37 Tore und von den Top-Performern blieb nur noch Caligiuri übrig – mit jedoch deutlich geringeren Werten als eine Spielzeit zuvor. Einen Mix aus einem starken Leistungsabfall und Verletzungen erlebte Guido Burgstaller. Der Stürmer kam am Ende der Saison nur auf drei Torbeteiligungen, verpasste hingegen neun Partien verletzungsbedingt. Als Leistungsträger zusätzlich verpflichtete Spieler, wie zum Beispiel Mascarell (10 Spiele verpasst), Uth (15) oder Skrzybski (18), fehlten ebenfalls über weite Teile der Rückrunde.
In der Hinrunde der abgelaufenen Saison schien Schalke 04 die Kurve bekommen zu haben. Punktgleich mit Borussia Dortmund auf Platz vier gingen die Schalker als Fünfter in die Winterpause. Bilanz bis dahin: 30 Punkte, 29 Tore bei 202 Torschüssen. Eine Bilanz, die Erinnerungen an die Vize-Meister-Saison wach werden ließen. Und wieder kristallisierte sich eine Top-5 von Leistungsträgern heraus, die den Erfolg maßgeblich beförderte. Doch der Absturz der Schalker folgte in der Rückrunde um so härter. Seit dem 18. Spieltag fuhr Schalke 04 bis heute keinen Sieg mehr ein. Leistungsträger der Hinrunde, wie zum Beispiel Amine Harit, sammelten in der Rückrunde nicht eine Torbeteiligung mehr, fehlte schlussendlich ab dem 26. Spieltag verletzungsbedingt. Das änderte jedoch nichts an dem Fakt, dass der Marokkaner der Most Involved Player (MIP) der Schalker in der Saison 2019/20 wurde. Mittelfeld-Kollege Serdar fehlte fast die komplette Rückrunde, gehörte aber gleichfalls zu den Top-3-MIPs.
Fazit: Zu viele Verletzte, zu wenig Tiefe im teuren Kader
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Schalker Absturz zwar in seinen Dimension nicht vorhersehbar war. Warnende Zeichen jedoch erkennbar sind. Hängt die Leistung an wenigen Einzelspielern und deren körperlicher Verfassung, können Leistungseinbrüche einer ganzen Mannschaft die Folge sein. Schalke 04 ist da ein unrühmliches Paradebeispiel. Obwohl der Club weiterhin zu den Top-Vereinen in puncto Personalkosten gehört (Link) scheint der restliche Kader nicht die nötige Klasse zu besitzen, um die Ausfälle zu kompensieren. Zugleich waren die Trainerteams auf Schalke nicht in der Lage, diese Leistungspotentiale bei den Spielern zu aktivieren. Des weiteren muss sich der gesamte Verein der Frage stellen, wie man die vielen langwierigen Verletzungsprobleme in den Griff bekommt – präventiv über eine bessere Trainingssteuerung als auch im Anschluss an eine Verletzung durch eine optimiertere Reha-Behandlung.
Die Performance Lücke: Zwischen Anspruch und Realität
Dass die Schalker zu wenig aus dem machen, was sie zur Verfügung haben, sieht man auch in unserem Performance Ranking. Im Performance Ranking der Saison 2019/20 wurden sowohl Spiel- als auch Positionsdaten betrachtet. Anschließend brachten wir die Leistung der Spieler in den einzelnen Kategorien ins Verhältnis zu ihrer Netto-Spielzeit auf dem Platz, also der Zeit im Spiel, in der auch der Ball tatsächlich rollte. Pro Position ergab sich daraus ein Ranking der einzelnen Spieler, welche zusammengefasst ein Team-Ranking ergeben, welches wir hier dargestellt sehen.

Bezogen auf Schalke 04 heißt das: Die Schalker haben Rang 12 in der Bundesliga belegt, obwohl sie im Performance Ranking auf Platz 7 gelandet sind. Aus diesem Grund gehören sie – die gesamte Saison betrachtet – zu den Underperformern, denn rein von der Leistung der einzelnen Spieler im Vergleich zu anderen Spielern auf der gleichen Position in der Bundesliga, hätten sie auf Rang 7 landen können. Die Hinrunde beendeten die Schalker noch auf Platz 5, also auch eher entsprechend ihrem Performance Rang, wohingegen sie in der Rückrunden-Tabelle auf Rang 17 landeten. Kurz: Auf Schalke wurden zuletzt immer solide bis gute Einzelperformer verpflichtet, aber keine Mannschaft entwickelt, die sich gegen externe oder interne Störung zu wehren wusste. Fielen dann die Performance-Spieler kurz- bis langfristig aus, wusste die Mannschaft das nicht zu kompensieren. Vereine mit ähnlichen Kader-Situationen könnten langfristig also in vergleichbare sportliche Notlagen geraten.